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linguistic_assignments / 06_myth_of_cog_decline / myth-of-cognitive-decline.tex

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\title{Myth of Cognitive Decline}
\author{Felicia Saar, David-Elias Künstle}
\affiliation{Kurs Linguistics for Cognitive Science, Universität Tübingen}
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Lange wurde unwidersprochen angenommen, dass die kognitiven Fähigkeiten im Alter abnehmen. Dieser ''cognitive decline'' manifestiert sich in der schlechteren Performance älterer Versuchsteilnehmer in vielen psychologischen Tests. \cite{TOPS:TOPS12078} widersprechen dieser Theorie. Sie führen die Ergebnisse auf größere Erfahrung zurück, die das Lernen neuer Inhalte verlangsamt. Durch die jahrelange Lernerfahrung sind ältere Menschen besser darin, unwichtigen Kontext auszublenden. Um neue Assoziationen zu erlernen ist deshalb mehr Aufwand und Zeit erforderlich.
Dies bedeutet allerdings nicht, dass die kognitiven Fähigkeiten im Allgemeinen abgenommen haben. Vielmehr kann man von einer ''Verschiebung'' der Fähigkeiten sprechen. 
Das schnelle Erlernen von Zusammenhängen wird durch eine bessere Einordnung der Informationen in den vorliegenden Kontext ersetzt.

\cite{Deary201628} stellen Untersuchungen vor, in denen sie bei der Wahl der Experimente auf eine größtmögliche Unabhängigkeit von angesammeltem Wissen Wert legen. Mit Versuchspersonen im Alter von 83 und 70 Jahren wurden vier Versuche durchgeführt, deren Ergebnisse sich zeitabhängig messen lassen. Die kognitiven Fähigkeiten der Teilnehmer wurden mit den Ergebnissen psychologischer Tests verglichen, die sie als Kinder ablegten, um individuelle Intelligenzunterschiede vernachlässigen zu können. 
 
Beim \emph{Digit Symbol} Test müssen innerhalb von zwei Minuten möglichst vielen Zahlen einem Code entsprechende Zeichen zugeordnet werden. In zwei Reaction Time Experimenten mussten die Teilnehmer möglichst schnell per Tastendruck auf Stimuli reagieren. Diese Versuche erfordern alle eine schnelle physische Reaktion, mit der die älteren Versuchspersonen Schwierigkeiten haben könnten. In ihrem letzten Experiment setzen \cite{Deary201628} deshalb auf einen psychophysischen \emph{Inspection Time} Test, bei dem die Teilnehmer in einer kurzen Zeitspanne beurteilen sollen, welche von zwei vertikalen Linien die längere ist. Es wird die Anzahl der richtigen Antworten in Abhängigkeit der gewährten Begutachtungszeit bewertet, nicht die Geschwindigkeit der Reaktion.

In allen vier Test erzielte die ältere Teilnehmergruppe (83 Jahre) schlechtere Ergebnisse als die jüngere (70 Jahre). Dieses Ergebnis blieb unter verschiedenen statistischen Auswertungsverfahren erhalten, die jeweils andere Faktoren wie allgemeine Gesundheit oder Ergebnisse von Intelligenztests mit einbezogen.  
Da die Tests wissensunabhängig und im Falle der Inspection Time auch unabhängig von körperlicher Geschwindigkeit sind, schließen die Autoren auf eine Abnahme der kognitiven Fähigkeiten im Alter.

\cite{Deary201628} betonen, dass die Ergebnisse sich nicht mit einer höheren Erfahrung der älteren Versuchsteilnehmer erklären lassen, wie sie \cite{TOPS:TOPS12078} vorschlagen, da die reine Verarbeitungsgeschwindigkeit wissensunabhängiger Reize untersucht wird. Sie argumentieren, dass diese ein wichtiges Indiz für die allgemeine kognitive Leistungsfähigkeit darstellt. 
Allerdings kann auch die Fähigkeit schnell auf gegebene Reize zu reagieren oder diese zuzuordnen von Lernprozessen abhängen. Die älteren Teilnehmern haben in ihrem Leben gelernt, zwischen wichtigen und unwichtigen Reizen zu unterscheiden. Diese Filterung kann dazu beitragen in einer neuen Situation, wie sie in psychologischen Tests vorliegt, mehr Zeit zu benötigen, um sich auf die veränderte Aufgabe einzustellen. 
Die Ergebnisse schließen nicht aus, dass sich die kognitiven Fähigkeiten der älteren Erwachsenen während ihres Lebens lediglich verschoben haben. 
So zitieren \cite{TOPS:TOPS12078} auch Versuche, in denen ältere Teilnehmer besser abschneiden als jüngere, etwa den FAS Test.


\cite{Deary201628} stellen kein Modell vor, das die Abnahme der kognitiven Fähigkeiten erklären könnte. Sie stellen lediglich neue Ergebnisse vor, die neue Fragen aufwerfen. 
Falls ''cognitive decline'' im Alter ein reales Phänomen ist, bleibt weiter zu untersuchen, wie dieser zustande kommt. Die Ergebnisse der Versuche lassen sich auch mit einer Verschiebung der kognitiven Fähigkeiten erklären, die durch Lebenserfahrung und jahrelange Lernprozesse entstanden ist und nicht mit einer allgemeinen Abnahme kognitiver Fähigkeiten gleichzusetzen ist. 
Hier ist weitere Forschung und insbesondere die Entwicklung geeigneter Modelle notwendig. 































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